Auszüge aus der "Chronik der Stadt Rhinow" von Emil Köhler aus dem Jahre 1891
Vorwort
In Anbetracht dessen, dass meine Heimatstadt Rhinow eine der ältesten Städte in der Mark Brandenburg sein sollte,
war ich stets begierig, einen Einblick in die Chronik der Stadt machen zu
können. Denn eine Chronik, so hatte ich erfahren, sollte sich in unserem Magistratslokale befinden.
Wie war ich aber enttäuscht, anstatt eine Chronik, nur Dr. Riedels 's Codex diplomaticus Brandenburgiensis dort zu finden,
worin im ersten Hauptteile, 7. Band unter VIII. nur die Familie von der Hagen mit der Stadt Rhinow sich behandelt findet
und worin die Stadt Rhinow nur sehr kurz und oberflächlich vorkommt. Eine eigentliche Chronik der Stadt Rhinow ist darin nicht vorhanden,
was doch einen jeden geborenen Rhinower am meisten interessieren würde.
Herr Dr. Max Weigel veröffentlichte vor mehreren Jahren einen Aufsatz im Kreisblatte über die Stadt Rhinow, derselbe betraf aber mehr das Ländchen Rhinow als die Stadt.
Um nun der Stadt Rhinow zu seinem Rechte zu verhelfen, seine spezielle Chronik zu besitzen, wie andere Städte von solch hohem Alter, habe ich mich der Mühe unterzogen,
die sogenannte Bürgerbundes lade zu durchstöbern und aus den darin enthaltenen alten Schriften und Urkunden und sodann aus dem ältesten Kirchenbuche
und einigen Akten aus dem Magistratslokale eine Chronik zusammen zu stellen und hoffe ich mit derselben meinen Mitbürgern, sowie späteren Nachkommen einen Gefallen getan zu haben.
Auch sage ich allen, die mir jene alten Schriften bereitwillig zur Verfügung gestellt haben, nochmals besten Dank.
Emil Köhler 1891
1.
Die Gründung der Burg und die Entstehung der Stadt Rhinow und deren erste Zerstörung und Untergang 1379
Genaue geschichtliche Notizen oder Urkunden über die Entstehung der Stadt Rhinow und wann dieselbe stattgefunden, haben sich bisher nirgends finden lassen und werden auch wohl schwerlich noch gefunden werden. Wir müssen uns daher mit Mutmaßungen begnügen und diese so gut als möglich zu begründen suchen; auch hierbei alten mündlichen Überlieferungen, die uns fast sagenhaft klingen, etwas Glauben schenken.
In einer alten Urkunde vom Jahre 1217 worin die Grenzen der Diözese und des Archidiakonats von Brandenburg, wozu auch Rhinow gehörte, näher bestimmt sind, wird Rhinow schon als bekannter Ort genannt. Hiernach hätten wir also die Entstehung der Stadt weit früher zu suchen. Zu Anfang des 12. Jahrhunderts war unsere Gegend nur ausschließlich von Wenden bewohnt, welche an der Havel und den kleinen Nebenflüssen derselben und an den vielen kleinen Seen ihre Wohnplätze, welche Kietz genannt wurden, hatten. Dieweil nun auch bei unserer Stadt Rhinow sich ein Kietz befindet, ist sicher anzunehmen, dass auch dieser Kietz ein altes Wendendorf gewesen, wofür am besten seine Lage am Rhin und die Nähe des Prietzener Sees spricht. Möglicherweise mag auch dieser Kietz schon zur Wendenzeit mit dem Namen Rhinow belegt worden sein.
Als im Jahre 1134 Albrecht der Bär vom Kaiser Lothar mit der Nordmark belehnt worden war, unterwarf er das Havelland dauernd der deutschen Herrschaft, mit demselben also auch das Ländchen Rhinow. Als vollständig gesichert konnte er den Besitz des Havellandes aber erst betrachten, als er den Wendenfürsten Jaczo im Jahre 1157 besiegt und vertrieben hatte. Um nun gegenabermalige Angriffe gesichert zu sein, legte Albrecht der Bär eine Reihe von Schlössern und Burgen an. Wir werden also nicht irren, wenn wir in Albrecht dem Bären den Gründer der Burg Rhinow suchen und die Gründung derselben um das Jahr 1160 verlegen. Unter dem Namen Burg Rhinow haben wir die Mühlenburg zu verstehen, welch letzteren Namen die Burg erst später nach Erbauung der Wassermühle auf derselben erhielt. In den ältesten Urkunden ist nur von der Burg Rhinow die Rede und erst später im 15. Jahrhundert findet sich erst die Mühlenburg erwähnt. Nachdem die Burg vollendet war, erhielt sie einen deutschen Burgherren als Kommandanten und deutsche Kriegsleute zur Besatzung. Der Burg gegenüber auf dem linken Rhinufer siedelten sich nun neben wendischen Fischern und Ackersleuten, welche aber wohl meistenteils auf ihrem Kietze verblieben, deutsche Kriegsknechte und mit ihnen deutsche Kaufleute und Handwerker an. Diese deutsche Ansiedlung auf welche sich auch wie auf die Burg der Name des wendischen Dorfes Rhinow übertrug, wird sich nun wohl bald zu einem Marktflecken entwickelt haben, in welchem der Landesherr das Marktrecht ausübte. Landesherr war der Markgraf hier von Rechtswegen, er war die höchste und einzige Obrigkeit, oberster Richter, oberster Kriegsherr und Obereigentümer von Grund und Boden. Der wendische Ort Rhinow ist vermutlich auch einer der acht Städte gewesen, welche schon zur Wendenzeit im Havellande vorhanden gewesen sein sollen.
Die Bewohner dieses Marktfleckens Rhinow bildeten kein städtisches Gemeinwesen nach deutschen Begriffen. Der Flecken besaß das Recht, Märkte zu halten und ferner konnten sich Handwerker und Kaufleute in ihm niederlassen und ungestört ihr Gewerbe betreiben, es war eine Befestigung und seine Bewohner mussten den Zehnten entrichten und Dienste leisten wie Bauern und Kossäten.
Um einer Überrumpelung der befestigten Stadt Rhinow vorzubeugen, wurde noch unweit Rhinows eine Warte angelegt und mit Wachmannschaften belegt, diese Warte wurde seiner hohen Lage auf einem Berge wegen die "hohe Warte" benannt und noch heutigen Tages nennt man jenen Berg, von dem die Warte aber im vergangenen Jahrhundert verschwand, die "Hohenware" und ein in der Nähe befindliches Fenn das "hohenwärtische Fenn".
Dass sich in diesem Marktflecken Rhinow viele Kaufleute und Handwerker, die Albrecht der Bär aus den Wasserlanden Holland und Flandern zum Einwandern bewog, hier ansiedelten, ist wohl anzunehmen und hierauf auch die alte sagenhaft klingende mündliche Überlieferung zurückzuführen, wonach Rhinow eine ansehnliche Stadt von fünf bis sechs Tausend Einwohner und mit Mauern und Türmen umgeben gewesen sein soll. Diese Stadt stand aber nicht auf der Stelle, wo sich das heutige Rhinow befindet, sondern, wie schon anfangs erwähnt, direkt am linken Ufer des Rhins und nach dem Flecken Landes zu schließen, welcher noch heutigen Tages den Namen die "Altstadt" führt und welcher sich von der Nachtweide bis über Hoffert's Schneidemühle hinaus bis hinter dem Gute sich hinzieht, muss Rhinow wohl ziemlich umfangreich und bestimmt diese sagenhaft klingende Einwohnerzahl erreicht haben. In einer Urkunde vom Jahre 1445 findet sich die Notiz, dass sich auf der sogenannten Altstadt der alte Hof befände, danach ist anzunehmen, dass derselbe schon in alter Zeit mit der alten Stadt direkt verbunden war, gerade so vielleicht wie jetzt mit der jetzigen Stadt. Nach auf dem Wege hinter dem Gute, beim Grabenauswerfen gefundenen alten Mauerresten, ist obige Annahme, die Stadt habe sich bis zum Gute ausgedehnt, wohl berechtigt. Wäre dies der Fall gewesen, dann fände sich auch eine Erklärung über die Spuren des Vorhanden gewesen seins eines alten Grabens, dessen Spuren sich noch immer finden lassen auf den Gehöften der Legenstraße und dann weiter auf Otto Plains Acker und welcher danach wahrscheinlich der südliche Stadtgraben jener alten befestigten Stadt Rhinow gewesen sein mag. Die Beschäftigung der damaligen Einwohner soll der Sage gemäß zumeist in der Tuchmacherei bestanden haben und der Ackerbautreibenden im Weinbau. Der Wein soll sogar von den Kaufleuten bis nach Russland verhandelt worden sein und soll erst eingestellt worden sein, nachdem die Kunst erfunden wurde, aus Korn einen Wein herzustellen und welcher Kornbranntwein den Russen besser behagte.
Fortsetzung folgt....
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